Kommentar zu dem Bericht "Käse, Stutenmilch und Bauernmuseum..." in der PNP (Passauer Neue Presse, Deggendorfer Lokalteil) vom 14. Januar 2000, S.25
Christel Lender, Hengersberg-Altenufer
Not-Lösung für gefährdete bäuerliche Betriebe? Christel Lender
In Stutenmilch baden wie einst Kleopatra, das klingt verlockend! Ein Hauch von Luxus, eine hoffentlich gewinnbringende Marktlücke, gepaart mit einem Schuss Nächstenliebe für kranke Menschen: Das zeugt wahrlich von innovativem Spürsinn ins nächste Dilemma! Wem ist dabei schon klar, dass Stuten wie Kühe und andere Säugetiere auch nicht von Natur aus Milch geben, sondern nur dann, wenn sie Junge haben? Welch seelisches und körperliches Leid kalkulieren hier Menschen wieder rücksichtslos für die betroffenen Tiere mit ein! Um dem Projekt zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es die künstliche Besamung, das streut den Gewinn und spart Zeit und Kosten. Die zu reinen Gebärmaschinen erniedrigten Stuten werden von ihren Kindern getrennt, die Milch ist schließlich nicht für sie bestimmt. Was geschieht mit den Fohlen, die unter natürlichen Bedingungen fast ein Jahr lang von der Mutter gesäugt würden? Ein Vergleich mit ihren Leidensgenossen, den Kälbern, liegt auf der Hand: Man integriert sie mit Ach und Krach in den sowieso schon von Nutztierüberschuss und Dumping gestressten Markt. Der Deutsche Verband der Pferdemetzger e.V. hat bereits "Deutschlands erstes Kochbuch für Kulinarisches von Pferd und Fohlen" herausgegeben. Weitere Kochbücher werden folgen, sobald das Tabu, Pferdefleisch zu essen, auch in Deutschland endgültig gebrochen ist. Pferde zählen hierzulande eher noch zu den Haustieren. Im grausamen Alltag der Ferntransporte laufen Pferde (Fohlen inbegriffen) längst unter "Nutz- oder Schlachtvieh" und werden dementsprechend behandelt, wie zahlreiche seriöse Dokumentationen in den Medien belegen. Lediglich Rennpferde genießen eine schonende Sonderbehandlung, bis auch sie ausgedient haben und dann im Idealfall auf einem Gnadenhof ein wenig verspätete Zuwendung erfahren. Lebendexporte ins Ausland (lukrative Anlaufstelle Süditalien, z.B.) versprechen die schnelle Mark. Sollte der Fohlenboom außer den Mägen endgültig auch die Sport- und Hobbybranche gesättigt haben, bleibt als Endlösung immer noch die Herodesprämie. EU-Agrarkommissar Franz Fischler, seit Jahren politisch geduldeter Spezialist für mörderische Hauruck-Methoden zur (vergeblichen) Stabilisierung des BSE-verseuchten Rindfleischmarktes, wird auch für die gescheiterten Stutenmilcherzeuger künftig gern den ungekrönten Herodes spielen. Er wird ihnen entgegen aller Proteste seitens der europäischen Bürger wieder mit unseren Steuergeldern aus der "Milchpatsche" helfen. Selbst 1,2 Millionen Protestunterschriften haben ihn im letzten Jahr nicht davon abhalten können, seinen gut dotierten Massenmord an den Kälbern fortsetzen zu lassen. Auf den Fernsehzuschauer kommen erneut schlaflose Nächte zu, wenn die neuesten Horrorbilder aus der Transport- und Schlachtszene über die Bildschirme flimmern. Wehret den Anfängen! Hände weg von der Stutenmilch! Im übrigen spricht weder der Tierversuch noch die "Produktion" von Stutenmilch für die Erforschung und Heilung von Krankheiten. Beides hat lediglich eine Alibifunktion und outet sich bei genauer Betrachtung als Schande in unserer modernen Gesellschaft, in der man, von Wirtschaftsriesen und schwächelnden Politikern ermuntert, leider weiter in das Abzocken unserer Mitgeschöpfe investiert, anstatt ganzherzig neue, ethisch vertretbare Wege zu gehen. Vielleicht planen ja die Lobbyisten aus der ökologischen Ecke die artgerechte Haltung von Milchstuten nebst Mutterstutenhaltung mit ein! Da darf dann auch das gesunde, naturbelassene Fohlensteak so richtig schmecken, oder in Bayern die "Reiterhax'n", schließlich haben diese Tiere wenigstens "ein gutes, wenn auch kurzes Leben gehabt"! Für ein weiteres Gütepiercing am Ohr ist sicher noch ein Plätzchen frei, und die Tageszeitungen werden sich über die ganzseitigen Anzeigenaufträge der Pferdemetzgerinnung freuen. Spaß (Geschäft) beiseite: Wer Kinder wirklich liebt, sollte Kinder beschützen - auch die Tierkinder! Christel Lender |