Die Zukunft von WAY-X - eine Erfolgsstory?
Peter Dobrovka
Manche aufmerksamen Hugi-Leser mögen mich und WAY-X vielleicht noch kennen, auch wenn ich schon recht lange nichts mehr hier geschrieben habe. Immerhin ist die Adresse der Homepage schon seit Anfang 1998 konstant geblieben:
http://www.digitalprojects.com/way-x
Ich habe diese Gruppe 1997 zusammen mit Michael Ikemann gegründet (der Name war seine Idee), um das Civilization-artige Spiel "Path of Mankind" zu programmieren. Das funktionierte auch ganz gut, wir kamen schnell voran. Wir programmierten es unter DOS mit Borland Pascal 7.0. Es gab zwar schon Windows 95, aber wir hatten keinen vernünftigen Compiler und auch nicht soo furchtbar viel Ahnung von Windows selbst. Dennoch muß ich sagen, was wir innerhalb kürzester Zeit auf die Beine stellen, war schon nicht schlecht.
Zwischenzeitlich träumte ich allerdings immer mal wieder vom perfekten Aufbauspiel, in dem es schräge Straßen, gekrümmte Tunnel und Brücken und beliebige Höhenstufen geben sollte. Ich hatte schon mal 1992 versucht, SimCity zu verbessern und es auch geschafft! Ich hatte Super VGA-Modus, schräge Straßen und Brücken... - die Sommerferien gingen dafür komplett drauf, ich zeichnete nächtelang an den Grafiken und programmierte Features. Eines Tages waren die ganzen Grafikdateien von der Festplatte verschwunden. Ich weiß bis heute nicht, wie. Habe ich sie selbst gelöscht? Hardwarefehler? Geister? Auf jeden Fall habe ich, nachdem ich den Schock überwunden hatte, das Projekt eingemottet. Zwischenzeitlich habe ich einen Raytracer, ein Buchhaltungs- programm, ein Programm zur Bildung von deutschen Sätzen aus einem zufallsgesteuerten Pool von Wörtern und ein Browser-ähnliches Programm zum Lernen geschrieben.
Dabei sollte ich noch erwähnen, daß ich gelernter Arzt bin. Ich war 1994 mit dem Medizinstudium fertig und verirrte mich in die Neurochirurgie, wo ich dann auch bis 1999 blieb. Irgendwo dazwischen hab ich eine nette Frau kennengelernt, geheiratet und habe 2 Kinder mit ihr.
Computerspiele und Programmieren blieben meine Hobbys, und irgendwann 1998 begann ich wieder vom perfekten Aufbauspiel zu träumen, was zu einer längeren Diskussion im Internet führte. Die Leute, die ich dort kennenlernte, teilten mein Engagement, und ehe ich mich versah, hatten wir uns zu einem Team zusammengefunden, um unsere Ideen zum Thema zu verwirklichen.
WAY-X hatte nun elf Mitglieder, und das Projekt 3DTT war geboren.
Es sollte ein Transport-Tycoon-artiges Spiel in 3D werden. Ohne Felderung, dafür mit frei plazierbaren Objekten. Eine Art 3D-Studio mit integriertem Strategiespiel. Es sollte alles möglich sein, was auch in der Realität möglich ist, und das Wirtschaftssystem sollte verbessert werden.
Zur selben Zeit begannen im Projekt Path of Mankind die Probleme. Michael überredete mich, das Spiel zu einem Windows-95-Spiel zu machen. Der Beginn einer über zwölf Monate dauernden Tortur, an deren Ende nun PoM95 steht: Es ist grafisch verbessert, aber im Vergleich zur DOS-Version ist es nur halb so weit gekommen.
Darüber hinaus sind zwischenzeitlich einige unserer Ideen von einem anderen Spiel ("Civilization - Call To Power") verwirklicht worden, so daß es viel von seinem Reiz verlor. (Geklaut will ich nicht sagen, obwohl es nicht ausgeschlossen ist, wenn man seine Ideen zwei Jahre lang im Internet öffentlich verbreitet.) Zu Gunsten von 3DTT, das nur schleppend vorankam, habe ich meine Arbeiten an POM daher Mitte 1999 teilweise und Ende 1999 komplett eingestellt.
Parallel dazu kam meine ärztliche Karriere in der Neurochirurgie in eine Krise. Ich verstand mich mit Chef und Kollegen nicht gut und hatte auf den ewigen Streß keine Lust mehr, auch wenn dieser Streß zugegebenermaßen sehr gut bezahlt wurde. Anfang 1999 schied ich aus dem Krankenhausalltag aus und begann eine Weiterbildung in medizinischer Informatik. Ich dachte mir, in die Industrie zu gehen, wo ich als Kombination von Arzt und Programmierer OP-Roboter, künstliche Netzhäute und Neuroprothesen für Gelähmte entwerfen wollte. Nun, die Chefprogrammierer hatten auch durchaus Interesse an mir, nur die Personalabteilungen nicht, weil ich über meine Programmierfähigkeiten keine Zeugnisse hatte. Sprich: die waren nur an studierten Diplom-Informatikern interessiert.
Nur so aus Jux und Dollerei bewarb ich mich 1999 bei einer Software-Firma, die sich mit Spieleprogrammierung beschäftigt. Ich führte ihnen 3DTT vor - und bekam tatsächlich einen Job angeboten! Ich mußte ihn allerdings ablehnen, da ich mich bereits für die medizinische Informatik eingeschrieben hatte.
Und so bestand mein Leben in den letzten 12 Monaten aus 2 Dingen: medizinische Informatik lernen (jeden Tag von Duisburg nach Köln über die ewiggestaute A3, ächz) und an 3DTT programmieren. Das Team von WAX-Y traf sich sogar im Januar zu einer Konferenz in Wolfsburg. Warum Wolfsburg? Nun, es liegt genau in der geographischen Mitte unserer Wohnorte, so konnte sich keiner von uns über den längsten Anfahrtsweg beklagen.
Meine Weiterbildung ist nun seit dem 30. April 2000 zu Ende, die Hersteller von OP-Robotern wollen mich immer noch nicht (Aber dafür dann per Green Card Inder importieren? Idioten!), für Datenbank- Programmierung bin ich mir zu schade - aber die Spiele-Firma von 1999 will mich immer noch!
Also fang ich da jetzt auch an!
Die Konditionen, die mir geboten werden, sind hervorragend. Nicht nur, daß ich für mein Hobby jetzt ein regelmäßiges Gehalt kriegen werde, ich kann hier auch 3DTT fertigstellen und werde am Gewinn beteiligt! So wie an allen weiteren Projekten, die ich mir einfallen lassen sollte.
Na ist doch wunderbar!
Ob ich nicht ein wenig traurig bin, einen so schönen Beruf wie den des Arztes aufzugeben? Traurig, 6 Jahre umsonst studiert zu haben? Nun, ein wenig vielleicht schon, wenn ich z.B. im Fernsehen die neuesten Berichte über High-Tech-Medizin sehe und die erwähnten Institute auch noch welche sind, bei denen ich mich vorgestellt habe. Aber dann muß ich nur kurz an meine letzten grauenerregenden Monate in der Klinik denken, und schon steht eines für mich fest: Ich tausche das Skalpell gerne gegen die Tastatur!
Ich glaube, Medizin habe ich eh nur studiert, um meinen Eltern eine Freude zu machen. Meine wahre Bestimmung scheint hier zu liegen. Ich fühle es, denn das erste Mal seit 12 Jahren fühle ich mich wieder richtig glücklich! Man sollte vielleicht mehr auf seine innere Stimme hören.
So, was aber geschieht nun mit dem Team von WAY-X?
Nun, da ich es nicht über's Herz bringe, sie einfach aus dem Projekt zu schmeißen, andererseits aber auch nicht alleine weitermachen kann, solange noch Rechtsansprüche bestehen, schließe ich mit ihnen Ablösungsverträge mit Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Mit anderen Worten: sie erklären mir schriftlich die Abtretung aller ihrer Rechte am Projekt, sie behalten jedoch das Recht, während der Entwicklung auf dem Laufenden gehalten zu werden und eigene Vorschläge einzubringen und werden in den Credits namentlich erwähnt. Für einige Mitglieder winken außerdem kleine, bezahlte Programmieraufgaben.
Tja, und was soll ich sagen, noch ein weiterer von WAY-X hat seinen Job im realen Leben hingeschmissen, und er fängt zwei Wochen nach mir ebenfalls in derselben Firma an.
Nun denn, soviel Neuigkeiten erstmal. Vielleicht schreibe ich ja noch mal in einem Jahr, wie es von nun an weiterging...
Peter Dobrovka